Morgens fragt mich eine Kollegin: „Na, freust du dich auch so auf die bevorstehenden Pfingstferien?“
Ich weiß nicht so recht, wie ich antworten soll und antworte vage: „Ich bin erst einmal gespannt, was mir heute Abend bei einer Besprechung aufgetischt wird. An die Pfingstferien kann ich noch gar nicht denken“. Angespannt und nur halb bei der Sache erlebe ich den Schulvormittag.
Abends fahren mein Mann und ich zur Frauenärztin, um die genaue Diagnose zu hören: ca. 2 cm großer Tumor in der rechten Brust, G3, triple negativ, ohne Rezeptoren, sehr aggressiv. Behandlungsvorschlag: neoadjuvante Chemotherapie, OP und dann Bestrahlung. Zunächst muss noch abgeklärt werden, ob es in der Lunge, Leber und Knochen schon Metastasen gibt durch Computertomographie und Knochenszintigraphie. Außerdem soll ein Port gelegt werden, durch den die Chemotherapie hinein fließen soll.
Puh, das ist ein herber Schlag! 24 Wochen Chemotherapie – ein ganzes halbes Jahr meines Lebens. Das hört sich sehr lang und beklemmend an!!!
Aber innerlich bin ich noch im Schockzustand und denke nur an die Sachen, die zu erledigen sind. Ich muss dringend einen Termin mit meinem Chef und Schulleiter ausmachen und ihm von der Diagnose und den Konsequenzen meines langen krankheitsbedingten Ausfalls berichten.
Vor den Schülern spiele ich noch zwei Tage im Unterricht die unbeschwerte Lehrerin, so als ob nichts gewesen wäre, und gleichzeitig verabschiede ich mich innerlich von ihnen. Verrückte Welt! Zum gemeinsamen Mittagessen des Lehrerkollegiums am letzten Schultag vor den Ferien kann ich gar nicht mehr hin, denn durch die Knochenszintigraphie habe ich radioaktives Zeug in mir, das schädlich sein kann für meine schwangere Kollegin und ihr ungeborenes Baby. So werde ich aus einem voll aktiven Berufsleben in der Schule hinauskatapultiert und kann den Kollegen und den Schülern gar nicht persönlich mitteilen, was mit mir los ist. Ob dies der endgültige „Rausschmiss“ aus meiner Lehrerlaufbahn ist?
Jesus, ich weiß es nicht, aber du hältst mich in Händen. Was mache ich in dieser Krankheitszeit? Kann ich es aushalten, so viel zuhause zu sein? Wie fülle ich diese Zeit? Fällt mir nicht die Decke auf den Kopf? Kann ich mich aus-halten ohne ständige Beschäftigung und Tätigsein? Ich bringe dir, Jesus, diese vielen Fragezeichen! Nutze du diese Zeit zu meiner inneren Reifung – einem tiefer Hinein in deine Liebe und einem höher Hinauf in deine Gegenwart.
In den Pfingstferien, als in einer Woche keine weiteren Untersuchungen und Arzttermine anstehen, entscheiden mein Mann und ich uns, trotzdem noch in den geplanten Urlaub zu fahren.

Wir paddeln auf der Mosel von Quint bei Trier bis nach Cochem: 130 km in 5 Tagen. Wer weiß, ob ich je wieder paddeln kann?

Diesen Weinberg sehen wir am ersten Morgen nach dem Aufwachen und er erfreut mich, denn er drückt so sehr, die Liebe des Schöpfers zu mir, seinem Geschöpf, aus.