Operation

Heute denke ich an die Diagnose, die ich vor vier Jahren bekommen habe und mich und unser Leben durcheinander geschüttelt und erschüttert hat. Ich staune auch darüber, wie Gott aus dem Negativen und Bösem der Diagnose Gutes hat wachsen lassen: neue Haare, neue Job, neue Beziehungen. So herr-lich ist Gott!

Und ich erinnere mich an die OP:

Heute ist der Tag! Mein Köfferchen ist gepackt. Ich bin bereit. Mein Mann segnet mich und stellt mich unter den Schutz meines himmlischen Papas und fährt mich zum Krankenhaus und übergibt mich den Krankenschwestern für die OP-Vorbereitung. Ich bin die vierte auf der Liste. Na, das hört sich gut an. Ich habe mir schon vorgestellt, wie es sein würde, durstig und ausgetrocknet auf eine OP zu warten und dann erst nachmittags dranzukommen und wie dann die Angst häppchenweise in mir hochklettern würde.

Einige Tage vor der OP klopft die Angst vor der Narkose, vor der OP, vor den möglichen Schmerzen und dem Krankenhausaufenthalt an und will mich bedrücken.

Danke, himmlischer Papa, dass du zärtlich fürsorglich und gut bist. Ich entscheide mich, dir, meinem Ratgeber und Friedefürst mehr zu glauben als den aufkommenden Ängsten und Lügen.

Ich habe eine andere Strategie: ich möchte einen spannenden israelischen Krimi lesen. Ich frage die Krankenschwester, ob ich ihn bis kurz vor der OP lesen kann. Sie ist eine Nette und erlaubt es mir. So kann ich meine Gedanken auf etwas anderes lenken und diesen Krimi wollte ich schon lange mal lesen. Doch vorher gibt es ein Problem. Der Radiologe hat Schwierigkeiten, das Tumorbett zu lokalisieren. Bei der letzten Mammographie vor einem Monat konnte der eingebaute Clip nicht mehr klar identifiziert werden. Er probiert eine Möglichkeit, ihn zu orten, doch dieser Versuch scheitert an technischen Problemen. Innerlich wende ich mich an meinen himmlischen Papa und bitte ihn um eine Lösung. Der Radiologe beschließt, es eben doch nochmal mit einer Mammographie zu versuchen, und siehe, da, der Clip ist sichtbar. Er betäubt die Brust mit einer kleinen Spritze und kann seinen Draht bis zum Clip hinein schieben.

Von der OP bekomme ich nichts mit und bald liege ich auf Station. Jetzt darf ich wieder trinken und erwarte sehnsüchtig das Abendessen, das ich mir aussuchen darf. „Es ist gut verlaufen“ meint der operierende Arzt abends. „Ich glaube, wir haben alles herausgenommen“. „Schön!“, sage ich hoffnungsvoll.

„Wollen Sie eine Thrombosespritze oder ein wenig umher laufen?“ werde ich von einer Krankenschwester gefragt, die zugibt, dass die Thrombosespritze nicht auf der Ausgabeliste für mich steht. Nach meinen gestrigen Erfahrungen von dem Piekser, der es in sich hatte vom Nuklearmediziner, entscheide ich mich für vorsichtiges Herumlaufen. Hätte der Nuklearmediziner es nicht auch so machen können wie der Radiologe heute Morgen und mir eine lokale Betäubung geben können? Ich spüre, wie mir dies keine Ruhe lässt und wie ich immer noch Groll gegen diesen Arzt hege. Mein himmlischer Papa flüstert mir ins Ohr und fragt mich, ob ich bereit bin zu vergeben. Doch in meinen Emotionen tobt es noch immer: Wie kann er so gefühllos und unsensibel sein und Frauen wie mir keine örtliche Betäubung anbieten? Doch ich treffe eine Willensentscheidung – ohne bzw. gegen meine Gefühle.

Jesus, du hast mir so viele Fehler vergeben, wo ich dich bewusst oder unbewusst verletzt habe. Du hast für mein „Zu-Schulden-kommen“ am Kreuz unter Todesqualen gelitten, damit Freiheit von Schuld und Scham für mich möglich wird. Und so entscheide ich mich jetzt, diesem Arzt zu vergeben, dass er mir so wehgetan hat. Und ich entlasse ihn in die Freiheit meiner Vergebung und werde es ihm nicht nachtragen. Ich danke dir für die empfangene Vergebung.

„Festhalten“ – Mischtechnik mit Gipsbinden © hsr

Ich spüre eine befreiende Leichtigkeit aufkommen. Meine Gefühle für den Arzt werden schon noch meiner Willensentscheidung folgen. Und einige Tage später gebe ich ihm eine freundliche und positiv formulierte Patientenrückmeldung ab, in der Hoffnung, dass andere Frauen besser – mit weniger Schmerzen – behandelt werden.

Im Krankenhaus höre ich Lobpreislieder mit den Stöpseln im Ohr oder plaudere mit meiner Bettnachbarin mit stattlichen 88 Jahren auf dem Buckel. Wie schön, dass ich schon wieder aufstehen und langsam mit den Drainagen in einer Tasche versteckt herumlaufen kann. So nutze ich die sonnigen Tage und lese im Park meinen angefangenen Krimi.

Von den Ärzten angeordnet muss ich einen speziellen engen BH Tag und Nacht tragen und darf nicht schwer tragen. Auf Fahrradfahren und anderen schweren Sport soll ich für 6 Wochen auch verzichten. Das ist eine lange Zeit für eine begeisterte E-Bikerin wie mich!!! Ich entwickle eine neue Strategie: Ich frage eine andere Ärztin. Sie verkürzt auf 4 Wochen. Bei dem Abschlussgespräch nach 3 Wochen frage ich wieder und ich bekomme eine zufriedenstellende Antwort: „Sie dürfen den Arm schon wieder richtig, wenn auch vorsichtig, bewegen und Fahrrad fahren dürfen Sie auch!“ „Außerdem wurden keinerlei bösartige Krebszellen im Tumorbett und in den zwei Lymphknoten, die wir entfernt haben, gefunden.“

Wie glücklich und dankbar bin ich über diese Aussage, wo ich doch vorher nochmals die wichtigen Worte, die Gott mir durch die Bibel zugesagt hat, laut über mir ausgesprochen habe. Für mich sind solche Zusagen Gottes wie der Stab, auf den man sich beim Hochsprung stützt, um die notwendige Höhe zu bekommen, um über das Hindernis zu springen.