Der himmlische Friseurbesuch

Kennst du die neue Serien-Verfilmung „The Chosen“ über Jesus? Sie ist derzeit auf Platz 1 der SPIEGEL Bestsellerliste. Sie zeigt Begegnungen von Frauen und Männern des ersten Jahrhunderts mit diesem Jesus. Und er ist so erfrischend anders – voller Lebensfreude, Zuneigung und Verständnis für einzelne Menschen.

Nun in ähnlicher Weise habe ich eine überraschende Begegnung mit Jesus gehabt. Damals Anfang Dezember habe ich noch NULL Haare auf dem Kopf gehabt und das Ende der gefühlt endlos mutenden Chemos ist noch nicht greifbar gewesen:

Ich sitze bei Jesus, dem himmlischen Friseur. Er zeigt mir mit einem Spiegel meinen neuen Haarschnitt: dunkelblond und lockig. Er fragt mich, wie mir mein neuer Haarschnitt gefällt. Dabei lächelt mich Jesus verschmitzt an und meint:

„Jetzt passt und sitzt deine Krone viel besser auf deinem Kopf als vorher.“

Ich bin überwältigt, mit welcher Liebe und Sorgfalt Jesus meine Bedürfnis nach Schönheit und schönen Haaren kennt und ich beginne, mich regelrecht auf meine neuen Haare zu freuen.

Nach schon einem weiteren Monat wächst ganz langsam neuer Flaum. Erst einmal grau!? Doch bin ich so stolz darauf, dass ich immer öfter ohne Kopfbedeckung oder Perücke herum laufe. Allerdings mit schönen neuen langen Ohrringen! Die sind jetzt wichtig.

Ich sehe aus wie das typische Bild, das viele von einer Feministin haben, und muss darüber schmunzeln, da ich so wenige Eigenschaften einer Feministin in mir sehe.

Zwei Monate später – nach diesem Besuch beim himmlischen Friseur – kann ich endlich die letzte Chemo absolvieren. Nach acht langen Monaten der Chemotherapie!!! ENDLICH! Halleluja!

Nach weiteren drei Monaten feiere ich regelrecht meinen neuen Look – dunkelblonde lockige Haare!!! Und feiere Jesus, den besten Hairdesigner!

Hauptsache gesund? Haariges (Teil 2)

Ich nehme häufig die Aussage „Hauptsache gesund!“ in meinem Umfeld wahr, während mein Verdauungstrakt mal wieder streikt. Stimmt dieses Statement? Auch heute zu Covid-19 Zeiten werden wir in unserer Gesellschaft damit konfrontiert: „Bleiben Sie gesund!“ Doch Gesundheit ist etwas, das wir nicht machen können, die wir nicht im Griff haben. Dieser Kontrollverlust fühlt sich nicht gut an. Für mich ist Gesundheit eine Gabe Gottes. Meinen wir (und ich schließe mich mit ein) nicht oft, wir hätten Gesundheit verdient? Und bei Abhandenkommen klagen wir Gott an?

Wie denkst du darüber?

Ich möchte einen Perspektivwechsel vornehmen und den Geber der Gesundheit mehr lieben als sein Geschenk. Dabei zeigt drei Wochen nach der ersten Chemo dieses Zellgift schon Wirkung, so dass mir im Büschel die Haare ausfallen, wenn ich mich kämme. Ich rufe den Friseur an, um mir noch in derselben Woche die Haare abrasieren zu lassen und die schon ausgewählte Perücke zu kaufen.

Jesus, hilf mir, mich selbst mit diesem kahlen Kopf zu lieben und hilf auch meinem Mann!

Dann empfinde ich, dass Jesus mir ins Ohr flüstert:

„Meine Kleine, ich habe dich lieb. Ich küsse deinen kahlen Kopf und streichle ihn liebevoll. Ich werde deine Schönheit wiederherstellen – schöner als zuvor! Und ich mache keine halben Sachen.“

Der folgende Vers aus der Bibel fällt mir ein und ich verinnerliche ihn, indem ich ihn in mein „Mutmachbuch“ schreibe.

Jesaja 61, 3 – Schrift und Buntstiftzeichnung © hsr

Am ersten Morgen nach der Rasur stehe ich ganz früh auf und fotografiere ich mich. Meine Seele muss mit der Art meines neuen Aussehens erst hinterherkommen und dies verdauen. Als Glatzkopf herumlaufen, das möchte ich meinem Mann und der Familie, die uns ab und zu besucht, nicht zumuten. Ich probiere die Perücke aus. Sie ist gut, doch an den vielen Sommertagen ist sie mir zu warm. Ich versuche es mit einem Schlauchtuch oder einem Mützchen. Das ist schon angenehmer. Doch dadurch bekommen die Nachbarn und der Postbote mit, was mit mir los ist. Will ich das? Das ist für viele ein Schock, da sie an die Tragödie der ersten Frau meines Mannes mit demselben Krankheitsbild vor nur 5 Jahren erinnert werden. Auch da lerne ich mit dem Schock der anderen Leute umzugehen. Zuhause möchte ich mich zeigen, wie ich bin und auch mal ohne Perücke, doch mit Mützchen als Kopfbedeckung, in den Garten oder an die Haustüre gehen.

Selbstportrait mit Mützchen © hsr

Kopfkino Krebs

Krebs – das Unwort des Jahres

Opfer – ich? Nein danke!

Perücke – keiner merkt mein

Fehlendes Haar – Versteckspiel!

Krank – offiziell schon – ich sehe mich nicht so

Instabil eher

Niemand will mit mir tauschen

OP kurz und schmerzlos

Kreisende Gedanken

Ruhelosigkeit

Erzähl sie mir, sagt Gott!

Bitte schön…

Schon spüre ich Entlastung.